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Homeoffice und Corona

27.03.2020 / in Aus der Entwicklung

Ein kleiner Homeoffice-Erfahrungsbericht

Wer hätte das noch vor zwei Wochen für möglich gehalten?
Ein flächendeckender Homeoffice-Test in (halb) Europa!

Wir als IT-Firma haben es damit natürlich leichter als ein produzierendes Unternehmen oder ein kleiner Dienstleister wie ein Frisör oder eine Musikschule.

Aber auch bei uns ist es nicht so leicht, selbst wenn alle mehr oder weniger an einem Produkt arbeiten. Es sind ständig Abstimmungen und Entscheidungen notwendig. Alles, was bisher auf dem kleinen Dienstweg - man ging einfach in das Nebenbüro - möglich war, muss jetzt in einer WebSession besprochen werden.

Bestand der eigene Tagesablauf schon bisher mehrheitlich aus Meetings, ist der Unterschied nicht so dramatisch. Eine Websession ist ja auch nur ein Meeting mit anderen/erschwerten Bedingungen. Aber wie heißt es so schön: Meetings sind gut, aber hin und wieder muss man auch arbeiten!

Informeller Austausch

Der dynamische Austausch von Neuigkeiten bei der Kaffeemaschine fällt völlig weg. Man hat mehr Ruhe, zumindest kommen die Kollegen nicht im 5-Minuten-Takt ins Büro.

Aber wenn man so alleine im Homeoffice sitzt merkt man rasch, dass etwas fehlt!

Selbsttest

Normalerweise gebe ich im Blog ja Tipps und Empfehlungen, die zu Anwendungsszenarien unserer Kunden passen. Diesmal sind wir aber selber die "Kunden". Ich möchte also aus unserer Homeoffice-Praxis erzählen.

Kein Intranet?

Klar wir hatten schon immer ein Intranet auf Basis unseres Produktes im Einsatz. Alle Dokumente, Formulare, Besprechungsprotokolle, Anforderungsdokumente, Projekt-Workspaces, Produkt-Wikis usw. sind dort abgelegt, aber die Social-Media-Funktionen wurden nur ganz selten genutzt.

Projektabstimmungen, was ist zu tun, wer macht was usw. wurden zumeist in Meetings gemacht. Das ging ganz gut, weil wir in kleinen Teams arbeiten.

Nur: Wenn alle im Homeoffice sind, geht das auch bei kleinen Teams nicht mehr.

E-Mail Chaos

Wie weiß ich, was Kollege X heute macht? Wer kümmert sich um Problem Y? Wen frage ich, wenn ich etwas brauche?

Einfache Dinge, die bisher in 2 Minuten im direkten Gespräch geklärt werden konnten, oder an der Kaffeemaschine, führen zu Websessions oder zahllosen E-Mails.

Wir haben ja E-Mail… also schickt jeder eine Mail mit den Dingen die er heute vorhat, gemacht hat oder die er wissen will.

So läuft es bei uns zum Glück nicht, sonst wäre ich noch am Lesen von Mails... 10 Leute a 2 Mails = 20 Mails, 100 Leute a 2 Mails = 200 Mails zusätzlich am Tag… danke, das reicht damit alles steht. Antwortmails habe ich gar nicht berücksichtigt.

Bitte nur die Leute informieren die es betrifft oder die sich dafür interessieren und nur zu dem Zeitpunkt wenn sie sich dafür interessieren.

Ein einfacher Satz aber via E-Mail nicht umsetzbar.

Woher weiß ich wer die Info braucht wenn ein Server upgedatet wird, wenn ich meine Funktion implementiere wenn ich eine Frage habe…

Jetzt arbeite ich an Projekt A, da interessieren mich die anderen Sachen nicht. Am Nachmittag oder am nächsten Tag wäre es schon für mich interessant --> Suchspiel in der Inbox? --> geht nur wenn ich wenigstens weiß, d.h. gelesen habe, dass es eine entsprechende Mail gibt.

Es funktioniert nur asynchron und zugeordnet zu Themen gut --> dafür gibt es die Social-Media-Kanäle

Aja, und dann will ich mich doch noch schnell mit meinem "Bürokollegen" unterhalten, ein Chat muss her! Linux, Windows, Mac, welcher Client, welche Version des Client… --> da hilft unser eingebauter browserbasierter Chat.

Der ist auch immer aktiv, weil ich ja sowieso (fast) immer eine Verbindung zum Intranet habe.

Homeoffice "Setup"

Wie sieht unsere Homeoffice-Umgebung aus?

Es geht dabei nicht um die Hardware, also Laptop, "Netzwerkkabel" bis in die Firma usw…

Wie arbeiten wir?

Primär haben wir, historisch bedingt, 2 interne Informations-Server, das Intranet und das Extranet.

Das Intranet ist für alles, was mit der internen Arbeit zu tun hat, zuständig; am Extranet findet der Austausch mit den Kunden statt.

Fazit: für das Homeoffice ist primär das Intranet von Bedeutung.

Hier findet man alle Produktentwicklungsprojekte bzw. die zugehörigen Teamworkspaces mit Terminen, Aufgaben, Dokumenten und Wikis.

Zusätzlich erstellen wir noch einen wöchentlichen Plan (SCRUM lässt grüßen), was sich jeder für die Woche vorgenommen hat. Dieser Plan wird als Meetingprotokoll in unserem montäglichen Statusmeeting in Form einer fortlaufenden WCM-Meetingprotokoll-Seite geführt. Das hat schon bisher sehr gut funktioniert! Es gibt genau ein Protokoll, und es liegt immer am gleichen Ort. Damit gibt es keine Probleme mit verteilten Protokollen mit veralteten Inhalten usw.

Anders als bisher wird dieses Protokoll jetzt nicht mehr direkt im Meeting ausgefüllt, sondern jeder erstellt seinen Eintrag vor dem Meeting. Das eigentliche Meeting ist nur mehr die virtuelle "Deadline" bzw. der Zeitpunkt, um es zu lesen und bei Unklarheiten nachzufragen.

Die Community - das Office für zuhause

Als ganz wichtig, hat sich bei uns herausgestellt, ist eine "Community". Ein Kanal auf dem man Flurfunk betreiben kann, eine Möglichkeit alle die Dinge, die man sonst bei einem Kaffee/Tee/Mittagessen oder beim Treffen am Gang besprochen hätte, bespricht. Dabei geht es nicht nur um "projektrelevante" Punkte sondern auch um Smalltalk.

Das bringt das Office-Feeling, man merkt, die Kollegen sind da.

WOL

Working out Loud

Ein weitere sinnvolle "Angewohnheit"  im Homeoffice (sicher nicht nur dort) ist das "working out loud" (WOL). Dabei handelt es sich um eine Art Microblog in dem man die Tätigkeit, die man gerade macht/vorhat, kurz informell ankündigt.

Man "postet" im persönlichen Activity Stream die aktuelle Tätigkeit, z.B. "ich schreibe gerade einen Blogbeitrag zum Thema Homeoffice". 

So bekommen die Kollegen, die mir folgen, mit, was ich gerade mache, und können sich einbringen, wenn sie wollen.

Ist es eine Tätigkeit, die unmittelbar zu einem Projekt gehört, "poste" ich die Information natürlich im Activity Stream von Projekt X, z.B. "Update Anforderungsdokument und Projektplan"

Das reduziert die eingangs erwähnten 100 E-Mails auf 0. Ich weiß trotzdem, was gemacht wird, wenn ich es brauche.

Auch wenn mich Projekt X jetzt nicht interessiert, finde ich die Information, wenn ich später mich damit beschäftige, ohne vorher eine E-Mail gelesen und eingeordnet haben zu müssen.

Gibt es auch Probleme?

Gibt es eigentlich auch Probleme mit Social Media, oder läuft immer alles optimal?

Ja, natürlich gibt es auch Probleme, bzw. muss man erst den richtigen Umgang mit dem Werkzeug üben.

Wie bei allem anderen ist es auch hier wichtig herauszufinden, was funktioniert und was nicht.

Unsere Startseite im Intranet besteht primär aus dem Activity Stream der Hyperwave Community, und das nicht erst seit letzter Woche, sondern schon seit mehr als einem Jahr.

Das hat bisher, ohne Homeoffice, sehr gut funktioniert, da viele aber nicht zu viele Informationen gepostet wurden.

Seit alle im Homeoffice sind, hat sich das geändert, es kommen teilweise minütlich neue Meldungen.

Wenn jetzt bei jeder neuen Meldung/Antwort oder Like eine Benachrichtigung erscheint, ist man ständig abgelenkt. Klar, auch bisher wurde man abgelenkt, wenn ein Kollege ins Zimmer kam, das Telefon läutet usw., aber es war "räumlich" eingeschränkt, es hat nicht alle betroffen. Jetzt werden alle benachrichtigt, weil alle im selben virtuellen Büro sitzen.

Fazit: Benachrichtigungen ja aber nicht für alles

Best Practice

Was läuft sehr gut?

Die Benachrichtigungen zu den Projekten, an denen man direkt mitarbeitet bzw. für die man verantwortlich ist. Da will ich natürlich sofort über eine Änderung informiert werden, und mich auch in eine Diskussion einbringen können.

Das wird jetzt viel stärker genutzt und führt zu , auch für andere, deutlich nachvollziehbareren Entscheidungen und offeneren Diskussionen.

Ähnlich gut funktionieren die direkten Nachrichten bzw. der Chat. Da man sowieso immer eine Verbindung zum Intranet hat, hat man auch automatisch einen Kanal, um Nachrichten zu bekommen.

Und natürlich die Community für das Office-Feeling.

Die Projektarbeit, Community Diskussionen, Chat und alle Dokumente alles unter einem Dach, dem Intranet.

Darf man sich eigentlich über das "eigene" Produkt freuen?

 

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